Anstieg des Meeresspiegels: Eisstück hält Eismassen in der Ost-Antarktis zurück
Eine jetzt von Wissenschaftlern des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) veröffentlichte Studie in Nature Climate Change zeigt, dass das Abschmelzen bereits einer kleinen Menge Eis an der ostantarktischen Küste eine große Wirkung haben könnte – nämlich dass große Eismassen unaufhaltsam jahrtausendelang in den Ozean fließen und damit den Meeresspiegel ansteigen lassen. Dies zeigt eine jetzt von Wissenschaftlern des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) veröffentlichte Studie in Nature Climate Change. Die Ergebnisse beruhen auf Computersimulationen des antarktischen Eisflusses mit verbesserten Daten zum Untergrund der Antarktis.
„Das Wilkes-Becken der Ost-Antarktis ist wie eine gekippte Flasche“, erklärt Leitautor Matthias Mengel, „wenn der Korken gezogen wird, entleert sie sich.“
Das Becken bildet das größte marine Landeis-Gebiet in der Region. Derzeit hält ein Eisstück an der Küste die dahinter liegenden Eismassen zurück: eben wie ein Korken, der den Inhalt einer Flasche zurückhält. Ein Abschmelzen von Eis an der Küste könnte diesen relativ kleinen Korken verschwinden lassen – und damit einen Meeresspiegelanstieg von 300 bis 400 Zentimetern verursachen. „Der vollständige Meeresspiegelanstieg wäre letztlich bis zu 80 mal größer als der durch das anfängliche Abschmelzen des Eiskorkens“, sagt Ko-Autor Anders Levermann.
Treibhausgas-Ausstoß könnte das Eis unkontrollierbar schmelzen lassen
Ein Abschmelzen würde die Aufsetzlinie des Eises landeinwärts verlagern – das ist der Bereich, in dem das kontinentale Eis in Kontakt mit dem Wasser tritt und schließlich beginnt, als Eisschelf an der Meeresoberfläche aufzuschwimmen. Der felsige Untergrund unter dem Eis bildet ein riesiges, zum Landesinneren hin abfallendes Tal. Wenn die Aufsetzlinie von ihrer derzeitigen Position am Kamm in das Tal zurückweicht, wird die dem Meer zugewandte Eis-Kante höher. Mehr Eis wird dann in den Ozean geschoben, bis es schließlich abbricht und schmilzt. Und je wärmer es wird, desto schneller geschieht dies.
In den Simulationen dauert das vollständige Ausströmen aller Eismassen aus der betroffenen Region in der Ost-Antarktis fünftausend bis zehntausend Jahre. Wenn diese Entwicklung jedoch erst einmal begonnen hat, wird sich das Auslaufen unaufhaltsam fortsetzen, bis das gesamte Becken leergelaufen ist; selbst wenn die Klimaerwärmung aufhören sollte. „Das ist das grundlegende Problem hier“, sagt Matthias Mengel. „Indem wir mehr und mehr Treibhausgase ausstoßen, lösen wir möglicherweise heute Reaktionen aus, die wir in Zukunft dann nicht mehr stoppen können.“ Ein so erheblicher Meeresspiegelanstieg würde das Gesicht unseres Planeten verändern – er wäre mit großer Wahrscheinlichkeit ein erhebliches Risiko für Küstenstädte von Dublin bis Mumbai, von Tokio bis New York.
Quelle: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung