Weltpremiere: Lufthansa setzt Biokraftstoff als erste Airline im normalen Flugbetrieb ein
Sechsmonatiges Projekt startet im April 2011
Im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz am 29. November 2010 in Berlin haben Wolfgang Mayrhuber, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Lufthansa AG, Peter Hintze, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWI) und Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt, und Prof. Dr. Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), ein von der Lufthansa beabsichtigtes und im Rahmen des Luftfahrtforschungsprogramms (LUFO) der Bundesregierung gefördertes Biokraftstoff-Projekt zur Nachhaltigkeit des Luftverkehrs vorgestellt.
Wie wirken Biokraftstoffe auf Wartung und Lebensdauer von Triebwerken?
Ab April 2011 wird Lufthansa einen Airbus A321 für sechs Monate im regulären Flugbetrieb auf der Strecke Hamburg-Frankfurt-Hamburg einsetzen. Dabei wird nach erfolgter Zulassung eine Treibstoffmischung mit 50 Prozent bio-synthetischem Kerosin auf einem Triebwerk eingesetzt. Wesentliches Ziel des Vorhabens ist ein Langzeitversuch, mit dem die Auswirkungen von Biokraftstoffen auf Wartung und Lebensdauer von Triebwerken untersucht werden. In den sechs Monaten Erprobung werden allein dadurch rund 1.500 Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) eingespart. Dies kündigte Lufthansa-Vorstandsvorsitzender Wolfgang Mayrhuber an. „Lufthansa wird damit weltweit die erste Airline sein, die im Rahmen eines Langzeitversuchs Biokraftstoff im Flugbetrieb einsetzt. Dies ist die konsequente Fortführung einer bewährten Nachhaltigkeitsstrategie, die Lufthansa seit Jahren erfolgreich verfolgt und umsetzt“, so Mayrhuber.
Beispiel für integrierte Forschung
Peter Hintze, Parlamentarischer Staatssekretär im BMWI, erklärte: „Die Bundesregierung unterstützt mit dem Luftfahrtforschungsprogramm die deutsche Luftfahrtindustrie, die kommenden technologischen Herausforderungen für ein sicheres und nachhaltiges Luftverkehrssystem erfolgreich zu bewältigen. Damit erhält die deutsche Luftfahrtindustrie international vergleichbare Rahmenbedingungen. Etwa 77 Prozent der LUFO-Mittel haben einen direkten oder indirekten Umwelt- und Nachhaltigkeitsbezug. Nur ein integrierter Forschungsansatz über die klassischen Einzeldisziplinen hinweg, wie er in den Forschungsnetzwerken gelebt wird, bietet die Chance, die ehrgeizigen Klimaschutzziele bis zum Jahr 2020 zu erreichen und gleichzeitig die technologische Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luftfahrtindustrie zu sichern.“
Langfristige Alternativen zum Kerosin finden
Das von Lufthansa vorgestellte Projekt „burnFAIR“ über die Erprobung von Biokraftstoffen ist ein gelungenes Beispiel für einen integrierten Forschungsansatz zur Erreichung der Klimaschutzziele. Dieses Projekt ist Teil des Gesamtvorhabens „FAIR“ (Future Aircraft Research), in dem neben der Verträglichkeit von Biokraftstoffen auch andere Themen wie neue Antriebs- und Flugzeugkonzepte oder andere Kraftstoffe wie Flüssiggas (LNG) untersucht werden. Das Gesamtvorhaben FAIR wird von der Bundesregierung aus LUFO mit insgesamt 5 Mio. Euro gefördert. Davon entfallen 2,5 Mio. Euro für das von Lufthansa geführte Projekt „burnFAIR“.
DLR-Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Johann-Dietrich Wörner erläuterte den Hintergrund dieses Projekts: „Unser Projekt burnFAIR dient der Erforschung von langfristigen Alternativen zum Luftfahrt-Kraftstoff Kerosin. Das Ziel ist die Gewinnung von Schadstoffdaten von Biofuels zum Vergleich mit herkömmlichem Kerosin über einen langen Zeitraum. Die gemessenen Schadstoffmuster bezogen auf verschiedene Belastungen im Flug sowie auf die Zusammensetzung der Abgase ermöglichen nicht nur Aussagen über die Umweltverträglichkeit der Biofuels, sondern auch über den Wartungsbedarf von Triebwerken. Denn wir erwarten, dass vor allem deutlich weniger Russpartikel gebildet werden.“
Test-Flugzeug wird ausschliesslich in Hamburg betankt
Lufthansa bereitet zurzeit den Praxistest intensiv vor. Neben dem eigentlichen Forschungsprojekt erwiesen sich im Vorfeld auch die Beschaffung des Biotreibstoffs in ausreichender Menge und die komplexe, dahinter stehende Logistik als Herausforderung. So wird das Flugzeug ausschliesslich in Hamburg betankt werden. Auch müssen für diesen Test intern zahlreiche Prozesse umgestellt werden, da bei Lufthansa ein Flugzeug im Regelfall nicht ausschliesslich auf einer Strecke eingesetzt wird, sondern immer in einer Umlaufkette mit zahlreichen Zielen unterwegs ist. Die Gesamtkosten für Lufthansa zur Durchführung des Projektes werden mit rund 6,6 Millionen Euro angesetzt. „Wir wissen, dass wir uns dem Thema Biotreibstoffe behutsam nähern müssen. Wir sehen die Chancen dieser Kraftstoffe und nehmen die Diskussion um die eingesetzten Rohstoffe ernst. Aber zunächst wollen wir in der täglichen Praxis Erfahrungen im Umgang mit Biotreibstoffen sammeln. Wir leisten damit Pionierarbeit, bislang hat noch keine Fluggesellschaft ein Flugzeugtriebwerk dauerhaft mit Biokraftstoff betrieben“, so Mayrhuber und fügt hinzu: „Unser Treibstoff ist nachhaltig. Fest steht, dass für Lufthansa-Biotreibstoff kein Regenwald gerodet wird: Wir achten bei der Beschaffung der Treibstoffe auf ein nachhaltiges Liefer- und Herstellverfahren und unsere lizenzierten Lieferanten müssen die Nachhaltigkeit ihrer Prozesse nachweisen.“
Vier-Säulen-Strategie zur Reduktion der Gesamtemissionen
Die Produktion des von Lufthansa eingesetzten bio-synthetischen Kerosins erfolgt auf Basis reiner Biomasse (BTL, Biomass to Liquid). Der Produzent ist Neste Oil, ein Mineralölunternehmen aus Finnland. Neste hat bereits langjährige Erfahrung in der Produktion von Biokraftstoffen und arbeitet seit vielen Jahren erfolgreich mit Lufthansa zusammen. Die Zulassung des Kraftstoffes wird für März 2011 erwartet. Der Einsatz von bio-synthetischen Kerosin ist ein Element einer Vier-Säulen-Strategie zur Reduzierung der Gesamtemissionen des Luftverkehrs. Nur mit einer Kombination aus unterschiedlichsten Massnahmen, wie kontinuierliche Flottenerneuerung, operativen Massnahmen wie Triebwerkswäsche oder der Einsatz von leichteren Materialien und eine verbesserte Infrastruktur wird es auch in Zukunft gelingen, die ambitionierten Umweltziele zu erreichen. Auch zu diesen Themen laufen bereits entsprechende Förderprojekte im Rahmen des Luftfahrtforschungsprogramms. Auf Basis neuer Technologien konnte Lufthansa seit 1991 ihre Treibstoffeffizienz um mehr als 30 Prozent steigern. Heute beträgt der Durchschnittsverbrauch pro Passagier auf 100 Kilometer 4,3 Liter Kerosin.
Quelle: DLR